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Das Dilemma der US-Zentralbank Fed

Die US-Zentralbank steht vor einem Dilemma. Was auch immer sie am 17. September bei der nächsten Notenbanksitzung macht, es könnte falsch sein. Höhere Zinsen zur Inflationsbekämpfung würden den Arbeitsmarkt drücken. Niedrigere Zinsen fördern die steigende Inflation. Notenbank-Chef Powell hat jetzt verbal die Tür geöffnet für eine September-Zinssenkung um wahrscheinlich 0,25%. Hintergrund sind die steigenden Risiken für konjunktursensitive Bereiche wie den Arbeitsmarkt, auch wenn die Sorgen über steigende Inflationsraten bleiben.

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Im Grunde ist die Situation am Beginn jeden Konjunkturabschwungs ähnlich. Der Arbeitsmarkt verschlechtert sich, aber der zurückliegende Boom treibt die Preise noch an. Diesmal ist die Situation allerdings besonders kompliziert, da durch die Zölle ein zusätzlicher extra Inflationsschub zu erwarten ist. Während bisher die Inflation der Dienstleistungen das Hauptproblem der Notenbank war und ist, kommt der sonst eher deflationäre Faktor der Güterpreise diesmal durch die Zölle ebenfalls in die Inflationsproblemzone. Es ist natürlich unklar, wie weit sich die Schere zwischen steigenden Preisen und sinkender Beschäftigung öffnet (siehe Graphik). Es kann aber sein, dass die Preise wie die letzten Frühindikatoren andeuten doch wieder stärker steigen. Dann wäre eine Zinssenkung inflationsfördernd und würde sich zu einem Notenbankstrategiefehler entwickeln. Andererseits kann sich In Sachen Konjunktur könnte es also unerwartet negative Nachrichten geben, die auch die Börse drücken könnten. Die Arbeitslosenrate ist nur deshalb nicht auf ein Niveau gestiegen, das bei einer Rezession üblich ist, weil die Anzahl der Arbeitssuchenden zurückgegangen ist (weil man keine Aussicht auf Arbeit hatte oder weil Migranten deportiert wurden). Die seit Monaten praktisch fehlenden neu geschaffenen Arbeitsplätze sind also ein klarerer Konjunkturindikator als die Arbeitslosenquote. Eine weitere Verschlechterung der ohnehin in diesem Jahr schwachen Konsumzahlen würde eine Bestätigung für eine drohende Rezession geben. Es ist also wahrscheinlich nicht nur im Hinblick auf Trump, sondern auch die tatsächliche sich abzeichnende Wirtschaftsentwicklung ratsam, die Zinsen zu senken.


Die beiden letzten großen Zinssenkungsprozesse ab 2000 und ab 2008 waren mit einem starken Rückgang der Aktienkurse verbunden, sodass die von der Börse schon das ganze Jahr herbeigewünschte US-Zinssenkung nicht unbedingt eine Börsenhausse auslösen muss. Bei schlechter Konjunktur fielen die Kurse, bei guter stiegen sie. Volkswirtschaftlich gesehen sind Zinssenkungen natürlich positiv für die Gewinnentwicklung und damit für die Aktienkurse. Aber die Frage ist, wie groß die Zeitverzögerung zwischen Zinssenkung und Börsenanstieg bzw. Gewinnverbesserung der Unternehmen in diesem Zyklus sein wird. Ganz langfristig hatte in den letzten 100 Jahren die Börse mit einem "Time Lag" von etwa sechs Monaten auf Zinsveränderungen reagiert. Das gilt sowohl für Zinssenkungen wie Zinssteigerungen. Aus dem Inflationsblickwinkel müsste die US-Zentralbank eigentlich die Zinsen anheben und nicht senken, denn einige Faktoren sprechen für starke Inflationsbeschleunigung. So stiegen z.B. die Produzentenpreise mit 0,9% gegenüber Vormonat (also über zehn Prozent Jahresrate) in ungewöhnlich starkem Ausmaß an. In der Regel beträgt der Zeitverzögerungseffekt zwischen Produzentenpreisen und ansteigenden Großhandelspreisen etwa sieben Monate. Neben den Zöllen wirkt auch der schwache Dollar über steigende Importpreise inflationsfördernd. Berücksichtigt man die Lohnentwicklung in den USA und versucht, nach der sog. Taylor-Regel, das richtige Zinsniveau zu finden, so wäre aus dieser Sicht das heutige Zinsniveau genau richtig. Quelle: FINANZWOCHE.

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